Ratgeber:  ...aus Geisenheim

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Mehr Sicherheit für den Wein

Korkfehler sind ärgerlich - für den Weintrinker, für den Winzer und auch für die Korkenhersteller.  Die "Geisenheimer Testmethoden" sollen helfen, dieses Ärgernis so weit als möglich zu vermeiden. Dr. Rainer Jung und Dr. Friedrich Zürn, Forschungsanstalt Geisenheim im Fachgebiet Kellerwirtschaft, stellen im Folgenden die "Geisenheimer Testmethoden" als Regelwerk für die Qualitätssicherung und Verarbeitung von Weinkorken vor.

Um den Umgang mit dem Naturprodukt Kork sicherer zu machen, wurde der 1996 vom Fachgebiet Kellerwirtschaft der Forschungsanstalt Geisenheim in Zusammenarbeit mit der Weinwirtschaft, der Korkindustrie, dem Deutschen Kork-Verband und anderen Instituten entwickelte und erstmals veröffentlichte "Testmethoden-Katalog zur Bestimmung der Korkqualität" nun aktualisiert und erweitert.  Damit verbunden war und ist die Forderung an die Anbieter von Weinkorken, durch die systematische und regelmässige Anwendung dieser Kontrollmethoden eventuelle Qualitätsmängel von Korken schon beim Wareneingang zu erkennen und damit für den weiteren Weg ihrer Produkte in den Markt möglichst zu verhindern.

Doch die Praxis zeigt, dass es damit allein nicht getan ist.  Der Korken ist - wie auch der Wein - ein sensibles Naturprodukt, das Unachtsamkeiten nicht immer verzeiht.  Deshalb wurden die "Geisenheimer Testmethoden" in ihrer ursprünglichen Form nun um die "Vorschriften für die Handhabung und Verarbeitung von Korken durch die Weinwirtschaft" erweitert. Dabei wurden nicht nur die Vorgaben von Seiten der Korkindustrie berücksichtigt, die auf jahrelangen Erfahrungen aus der Praxis beruhen, sondern vor allem auch die Ergebnisse aus gutachterlicher Tätigkeit durch die Forschungsanstalt Geisenheim und weitere Institute.

Die nachfolgenden Vorgaben sind deshalb mehr als nur "Empfehlungen" oder "Hinweise".  Sie stellen vielmehr die notwendige Voraussetzung für eine sach- und produktgerechte Handhabung und Verarbeitung von Wein- und Sektkorken dar.

Beanstandungen, die auf einen unsachgemässen Umgang mit Korken zurückzuführen sind, sollen so vermieden werden.

 

Prüfsiegel für Korken

Die "Geisenheimer Testmethoden" gehen in die zweite Runde.  In Zusammenarbeit mit Korkenfirmen erweiterten die Verfasser Dr. Friedrich Zürn und Dr. Rainer Jung, Fachbereich Kellerwirtschaft in Geisenheim, die zweite Auflage mit Hilfe von neuem Datenmaterial.  Dieses Regelwerk soll der Qualitätssicherung von Weinkorken dienen.  Es besteht aus zwei Teilen, wobei sich Teil 2 an die Weinwirtschaft richtet (folgende Seiten).  Mit dem umfangreicheren Teil 1 wird eine Zertifizierung der Korkenhersteller angestrebt.  Geisenheimer Experten überprüfen regelmässig, ob die Hersteller die Testverfahren ordnungsgemäss anwenden.  Diese Tests, zum Beispiel Prüfung äusserer, chemischer und mikrobiologischer Eigenschaften und sensorischer Merkmale, erfolgen an Stichproben.  Zertifizierte Betriebe erhalten das Prüfsiegel, das dem Winzer eine grössere Sicherheit gibt, fehlerfreie Korken zu erhalten.  Das gesamte Regelwerk kostet 150 DM zuzüglich Verpackung, Versand und Mehrwertsteuer.  Es handelt sich um eine Lose-Blatt-Sammlung mit Änderungsdienst.  Der Vertrieb erfolgt über die Marketing-Gesellschaft des Deutschen Korkverbandes e.V.

 

Vorschriften für die Handhabung und Verarbeitung von Korken durch die Weinwirtschaft

1) Warenannahme

Die Warenannahmekontrolle muss in jedem Fall vom Abnehmer direkt nach Bezug der Korken vorgenommen werden, um spätere Beanstandungen auszuschliessen.  Sie beinhaltet die Überprüfung einfacher und offensichtlicher Fakten.

Folgende Kontrollen sollten bei der Korkannahme umgehend durchgeführt werden:

1.1 Äussere Kontrolle der Verpackung auf Beschädigungen

1.2 Prüfung der Liefermenge, Stückzahl der Gebinde

1.3 Prüfung der Korkabmessungen (das heisst vor allem "bestellte Länge?")

1.4 Prüfung des Korkaufdrucks

1.5  Vergleich der Korken mit einem Vergleichsmuster (äussere Beschaffenheit identisch mit Rückstellprobe?)

 

2)  Lagerbedingungen für Korken

Korken sollten möglichst bald nach Bezug verbraucht werden und bis zum Verbrauch in geruchsneutralen Räumen gelagert werden.  Auch die Luftfeuchtigkeit des Lagers ist für die Qualität der Korken wichtig.  Zu beachten ist:

2.1  Lagerdauer höchstens 6 Monate nach Bezug der Lieferung

2.2  keine Fremdgerüche - saubere Raumluft im Lager

2.3  frostfreie Lagerung, relative Luftfeuchte zwischen 40 und 60 Prozent

2.4  Angebrochene Korkbeutel sofort wieder verschliessen

2.5  Nach der Füllung übrige Korken (auch aus dem Vorratsbehälter der Korkmaschine) in verschlossenen Beuteln sammeln und den Korklieferanten gegebenenfalls um erneute Sterilverpackung bitten.

Natürlich sind nicht nur die Korken für einen dichten Verschluss verantwortlich. Grosse Bedeutung kommt genauso den Flaschen, sowie den Füll- und Lagerbedingungen zu.

 

3)  Flaschen, Füll- und Lagerbedingungen

3.1  Kontrolle der Flaschen

Für einen dichten Verschluss ist der Innenverlauf der Flaschenmündung von entscheidender Bedeutung.  An einer Stichprobe der zur Abfüllung vorgesehenen Flaschen muss daher eine Vermessung der Innendurchmesser der Flaschenmündungen mit einem justierten Innentastgerät vorgenommen werden.

Durch Bestimmung des Neun- und Randvollvolumens der Flaschen sollte festgestellt werden, welche Leerräume nach der Befüllung in den Flaschen übrig bleiben.

Die Frage, ob zum Verschluss ein 38 mm langer Kork, ein 45er oder sogar noch ein längerer Kork eingesetzt werden soll, kann nur dann richtig beantwortet werden, wenn die Abstände zwischen Füllhöhe und Korkunterkante bekannt sind.  Nur so kann abgeschätzt werden, ob ein ausreichender Leerraum für eine eventuelle Wärmeausdehnung des Weines übrig bleibt.

Bei manchen Flaschen finden sich Herstellerangaben darüber, in welchem Abstand von der Mündungsoberkante das Nennvolumen erreicht wird. Derartige Angaben sind wünschenswert und sehr hilfreich.  Allerdings sollte auch hier die Richtigkeit dieser Angaben durch eigene Messungen überprüft werden.

3.2 Einstellen der Füllhöhe - Leerräume in den Flaschen

Bei der Abfüllung ist unbedingt darauf zu achten, dass - bei Einhaltung des Nennvolumens - in den Flaschen ein Leerraum zwischen Weinoberfläche und Kork bleibt.  Dieser Freiraum ist zum Abpuffern der Volumensvergrösserung (Dilatation) des Weines bei Erwärmung notwendig, die sonst zum "Drücken", das heisst zu Undichtigkeiten der Flaschen führt.

Das Ausmass einer Volumensvergrösserung hängt direkt von der Temperaturdifferenz zwischen Füll- und Lager- oder Transporttemperaturen ab, wird aber auch durch den Alkohol- und Restzuckergehalt des Weines beeinflusse.

Als Faustzahl kann mit einer Ausdehnung von 0,2 bis 0,4 ml/1 bei Erwärmung um l Grad C gerechnet werden.  Das heisst, dass beispielsweise ein Wein, der mit 10 Grad C abgefüllt und später auf dem Transport auf 40 Grad C erwärmt wurde (was bei sommerlichen Temperaturen sehr schnell erreicht sein wird), sein Volumen um etwa 6 ml (bei trockenem Wein mit zirka 10% Vol.) bis zirka 12 ml (bei restsüßem Wein mit etwa 14% Vol.) vergrössern wird.

Ein Leerraum von 10 mm - gemessen zwischen Korkunterkante und Weinspiegel bei stehender Flasche - entspricht nur etwa 3ml Volumen.

Ein Anwärmen der Weine auf 20 Grad C Fülltemperatur verringert die mögliche Temperaturspanne zwischen Füll- und Lagertemperatur und damit das Risiko einer zu starken Volumensvergrösserung.  Ohnehin ist die Fülltemperatur von 20 Grad C zur Einstellung der korrekten Nennfüllmenge entsprechend den Vorschriften des Eichgesetzes notwendig.

 

3.3 Verschliessen der Flaschen

Beim Verschliessvorgang wird der Naturkork zunächst im Korkschloss auf 15,8 mm zusammengepresst und dann in die Flaschenmündung eingestossen.  Abhängig von der Korkelastizität, den Abmessungen, aber auch von der Oberflächenbeschaffenheit der Korken und der Einstossgeschwindigkeit entsteht dabei durch die "Kolbenwirkung" der Korken, durch Kompression der Luft in den Mündungen, der sogenannte Verschliessdruck.  Dieser Druck, der kurzzeitig 4 bis 5 bar erreichen kann, fällt meist innerhalb weniger Minuten wieder auf 1 bis 2 bar ab und wird dann in den nächsten Tagen langsam völlig abgebaut.

Dieser Druckabbau kann durch Kohlensäurespülung des Kopfraumes der Flaschen beschleunigt werden.  Dazu wird CO, unmittelbar vor dem Verkorken in die Mündungen geblasen.  Durch Einsatz von 0,08 bis 0,49 CO2 pro Flasche wird die Luft aus dem Leerraum der Flaschen verdrängt.  Da sich die Kohlensäure sehr schnell nach dem Verkorken im Wein löst, wird der Verschliessdruck so abgebaut. Eine sensorische Beeinflussung des Weines kann wegen der geringen Einsatzmenge nicht festgestellt werden.  Dagegen führt die Sauerstoffverdrängung aus dem Kopfraum der Flaschen zu einer Einsparung an Schwefliger Säure (SO2)

Durch die sogenannte Evakuierung des Kopfraumes in den befüllten Flaschen wird, unmittelbar vor dem Verkorken, der Luftdruck im Mündungsbereich abgesenkt. Der Verschliessdruck wird dadurch deutlich geringer.   

3.4 Lagerung der Flasche

Nach dem Verschliessvorgang benötigt der Korken Zeit, um sich wieder auszudehnen und sich an die Innenwand der Flaschenmündung anzupressen und so die Flasche abzudichten. Diese Rückstellphase, die abhängig von der Elastizität der Korken ist, dauert nur wenige Minuten. Wenn die Flaschen unmittelbar nach dem Verkorken gelegt werden, ist häufig die Rückstellung der Korken noch nicht abgeschlossen.  Durch den Verschliessdruck wird dann Wein zwischen Kork und Mündungsglas gedrückt.  Ein Flüssigkeitsfilm wird so gebildet, der dann später durch seine Kapillarwirkung zur Leckage der Flaschen führt. Abhilfe kann dann nur durch eine Neueverkorkung erreicht werden.

Es ist daher unbedingt wichtig, eine ausreichende Rückstellphase nach dem Verschliessen einzuplanen (mindestens 5 min).  Im Kleinbetrieb kann dieses durch kurzes Stehenlassen der Flaschen auf einem Puffertisch oder Flaschenwagen erreicht werden, im Grossbetrieb unter Umständen durch Verlängerung der Laufzeit auf den Transporteuren vor dem Einpacken.

Bei kühler Lagerung entwickeln sich die Weine nach der Füllung langsamer als bei höheren Temperaturen.  Möglichst gleichbleibende Temperaturen von 10 bis 15 Grad C werden als optimal für die Flaschenweinlagerung empfohlen.  Wichtig ist auch die Luftfeuchte des Lagerraumes. Bei Lagerung von etikettierten, fertig ausgestatteten Flaschen sollten 60 Prozent relative Feuchte nicht überschritten werden, da sonst mit einem Aufweichen des Papiers und mit Schimmelbildung gerechnet werden muss.

Traditionell werden die Weinflaschen liegend gelagert. Allerdings haben zahlreiche Untersuchungen in den letzten Jahren gezeigt, dass eine stehende Lagerung deutliche Vorteile hat.  So sind zum Beispiel die Weinverluste während der Lagerung wesentlich geringer und damit auch die Flaschen sauberer.

Ein Austrocknen der Korken findet nicht statt.  Im Gegenteil, auch bei stehenden Flaschen nimmt der Kork während der Lagerung Wein auf. Die gesättigte Atmosphäre im Leerraum ermöglicht dieses.

Bei sensorischen Vergleichen von stehend und liegend gelagerten Weinen wurden die stehend gelagerten Weine oft als reintöniger bevorzugt.

Untersuchungen der Gehalte an schwefliger Säure zeigten, dass bei stehender Lagerung die Korken genauso gut abdichteten wie bei liegender Lagerung.  Ein Unterschied im Verbrauch an schwefliger Säure, der bei erhöhter Gasdurchlässigkeit zu messen wäre, wurde in den Vergleichsversuchen nicht festgestellt.

Leider sind in den meisten Betrieben die Flaschenlager auf liegende Flaschenlagerung eingerichtet und können ohne Kapazitätseinbussen kurzfristig nicht umgestellt werden.  Einfacher ist dies bei Verwendung von Kunststoffkisten oder auch bei der Kartonverpackung für die Lagerung von Flaschen.


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Christian Hülsemann